Von der Frage zur Antwort und retour
(OÖNachrichten vom 10.05.2002)

Mit ihrem musikalischen Showauftritt veredelten A-ha am Mittwochabend die Amadeus-Gala. Mit "Take On Me", "The Sun Always Shines On TV" oder dem Bond-Titelsong "The Living Daylights" wuchs das norwegische Trio zu Superstars der poppigen 80-er-Jahre. Nach langer Pause gelang ihnen im Jahr 2000 ein erfolgreiches Comeback, das sie mit dem neuen Album "Lifelines" (Warner) verlängern. Die OÖN trafen Sänger Morten Harket (41) im Wiener Hotel "Das Triest" zum Interview.

OÖN: Was bedeutet Lifelines, Lebenslinien - ist es etwas, das man hinterlässt oder etwas, dem man folgt?

Morten: Es ist vielleicht so etwas wie ein gedämpft beleuchteter Pfad, den man kaum sehen kann. Das bezieht sich auf jeden. Es ist eine Metapher für Dinge, die nicht so offensichtlich sind, aber doch mit deinem Leben verknüpft sind und wichtig sind.

OÖN: Darf man das verstehen wie bei den australischen Ureinwohnern, die an Pfade glauben, die bereits da sind und auf denen man unbewusst sein Leben geht?

Morten: Ja, das ist etwas, das man nicht fokussieren kann, man braucht erweiterte Sinne dafür. Das, was wir beide gerade machen, ist sehr gefährlich, denn wir versuchen es zu erklären, anstatt es einfach zu fühlen. Will man es mit Händen packen, wird es wie Sand zwischen den Fingern zerrinnen.

OÖN: In dem Lied "There's a Reason For It" heißt es, das alles zu schnell geht. Wie versuchst du dieser Alltags-Beschleunigung zu entkommen?

Morten: Indem ich auf die Einflüsse des Lebens rund im mich achte, indem ich meine Sensoren nicht betäuben lasse. Man muss seine Empfänger regelmäßig säubern. Man muss Fragen immer und immer wieder stellen. Man kann sich nicht mit einer Antwort gemütlich zurücklehnen. Man muss zur Frage zurückkehren und eine neue Antwort finden, neue Pfade einschlagen. Eine Antwort ist nichts Ewiges. Wenn man das nicht macht, wird man steif und alt und unser Leben beschleunigt sich. Das ist der Grund, warum für Kinder das Leben ewig ist. Ihre Empfänger sind blitzblank geputzt und sie nehmen Dinge in Hochgeschwindigkeit auf. Sie sind für den Moment da. Wenn man nicht in diesen Zustand zurück kehrt, läuft alles schneller und schneller. Älterwerden ist die Fähigkeit, auf Dinge anzusprechen. Das macht einen lebendig und die Zeit bekommt nicht die Oberhand.

OÖN: Wie gehst du ans Komponieren heran?

Morten: Man steht nicht auf und sagt, heute schreibe ich einen großen Song. Du suchst nach einem kleinen Lied, nach einem Samenkorn. Nur so kann später etwas Großes entstehen.

OÖN: Du hast eine 9-jährige Tochter und zwei Buben, elf und 13 Jahre alt. Hast du dich durch sie verändert?

Morten: Nicht wirklich, aber die Kinder rutschen in eine Position, in der sie für dich das Wichtigste auf der Welt werden. Es geht um ihr Wohl, und für das würde ich das Gesetz brechen, wenn ich dazu gezwungen wäre.

OÖN: In den Achtzigern habt ihr gesagt, ihr möchtet größer als die Beatles werden. Wie denkt ihr heute darüber?

Morten: Wir fühlten, dass wir es in uns hatten, den selben Weg wie die Beatles zu gehen, was Kapazität und Kreativität betrifft. Aber das hängt von vielen Umständen ab. Die Industrie hat von Anfang an ihre Hand auf uns gelegt. Wir waren so einfach als Boyband zu vermarkten. Diese starke Wand war für uns nicht leicht niederzureißen.

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