Eine Boygroup für Mittdreißiger
(Nürnberger Zeitung vom
21.09.2002)
A-ha spielte in der Arena und versuchte die gute alte Zeit wieder
aufleben zu lassen
Piep - "Hallo Christian, hier ist die Redaktion, könntest Du für
uns heute Abend zu A-ha in die Arena gehen?" A-ha? Aha, das war doch
DIE große Band der 80er Jahre. Skandinavische Hitmaschine. Mädchentraum.
Ein Gassenhauer nach dem anderen, und Sänger Morten Harket zierte mit
seinem Konterfei jede zweite Mädchenzimmerwand. Der Schritt für die
Bewohnerinnen solcher Räume war mit A-ha nicht sehr groß: vom
Barbiepuppenspiel zum Rock ‘n‘ Roll, denn Harket hatte eine verblüffende
Ähnlichkeit mit Barbies Gatten Ken.
Sprühende Wunderkerzen
Ken - Verzeihung - Harket ist inzwischen 43 Jahre alt und
klassische Starkult-Utensilien wie Stofftiere, Unterbekleidungsstücke
oder Liebesbriefe bekommt er nur noch selten auf die Bühne geworfen,
auch an diesem Abend in der Arena nicht. Besonnen schwenken die wohl
aus Sympathie zu den Künstlern oder eben nur dem Gesetz der Natur
folgend ebenfalls älter gewordenen Fans ihre mitgebrachten
Wunderkerzen, zaghaft werden hier und da "Morten, I Love You"-Fähnchen
in die Höhe gereckt und ebenso schüchtern wirken die vereinzelnden
Euphorie-Ausbrüche in den Liedpausen, die Harket zu nicht minder
minimalistischen Ansagen nützt: "Dankeschon."
Begeisterung herrscht, keine Frage. Doch die Begeisterung
losgelassener Teenager ist es nicht. Eher ist A-ha eine Boygroup für
Mittdreißiger, die die Rückbesinnung auf ihre eigene Jugend feiern.
Und die Hits? "Forever not yours", schicken die drei Norweger ins
Gefecht, von der neuen Schallplatte. Man kennt es aus dem Radio, ist
es des wegen schon ein Hit? Gefolgt von "Minor earth, major sky", der
Song, mit dem A-ha vor zwei Jahren nach ausgiebiger Bühnenpause das
mehr als überraschende Comeback wagten, auch nicht eben ein
Gassenhauer.
"Lifelines", das Titellied der Tour. Nette Melodien, eingängige
Songs, schon mal gehört, aber wo bleiben die Reißer? Wo die Songs,
die Erinnerungen wieder hochleben lassen? Was ist los mit der
skandinavischen Hitmaschine - oder war das doch nur ABBA? Oh da, aha: "Hunting
high and low", das Auditorium kennt den Text, "The sun always shines
on TV" - alles klar. Und jetzt? "Take on me", endlich. Ekstase im Rund
und auf den Rängen...
Piep - "Und wie war‘s?" - "Na ja, Wunderkerzen, Barbie und Ken,
,Morten I Love You‘ - ,Take on me‘, ,Dankeschon‘." Christian
Rothmund
Dank an Mechthild
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