Kurzer Hit-Spaziergang zwischen Romantik und
Rock
(Leipziger Volkszeitung vom 17.09.2002)
Das Plakat verkündete eine Lüge. Gedrucktes Versprechen: A-ha,
20 Uhr, Arena Leipzig. Sonntägliche Wirklichkeit: Die norwegischen
Millionäre ließen sich viel viel Zeit. Erst einmal lärmte Saybia.
Die Band wollte zwar niemand hören, der Auftritt dauerte trotzdem 40
sehr lange Minuten. Aus dem Aufheizer wurde unversehens ein Abkühler.
Los ging's trotzdem immer noch nicht.
Auch die nach einer halben Stunde Bühnenumbau deutlich lauter
werdenden Unmutsbekundungen der etwa 10 000 Fans ignorierte das
skandinavische Poptrio. Es ließ sich Zeit - bis zehn nach neun. Dann
stiegen die smarten Synthie-Majestäten endlich doch noch auf die
Bühne und legten mit "Forever Not Yours" los.
Sänger Morton Harket in schwarzer Lederhose und engem T-Shirt.
Schriftzug "Lost". Aus spitzem Winkel sah's aus wie ein
entschuldigendes "Ost". War auch nötig, wenn man nach
eineinhalb Stunden schon wieder einzupacken plant (plus zwei Zugaben).
War A-ha schon so müde am Beginn der Deutschland-Tour? Oder sind
Popbands der 80er Jahre einfach so schlapp, dass sie keine
Zwei-Stunden-Shows mehr schaffen?
Naja, wie auch immer. Der Eröffnungssong war typisch A-ha. Leicht
kryptischer Text mit eingängiger Melodie. Dann krachten bei "Minor
Earth, Major Sky" die Gitarrenriffs. Kalkül. Der Wechsel von
rockig und romantisch macht schließlich den A-ha-Sound - und Morton
Harkets Stimme. Die wandert ziemlich leicht von unten nach ganz oben.
Dahin, wo zarte Chorknaben zu Hause sind.
Diese hellen Töne gehören zu A-ha wie das Schwimmen in Akkorden und
Seelenbildern. Da braucht dann nur "Lifeline" aufzuklingen -
und schon knistern die ersten Wunderkerzen. Dann wurde gemixt: alte
Hits und neue Songs mit wenigen Überraschungen. Die Scheinwerfer
flashten rot, orange, blau, gelb. Auf einer Reihe von Tafeln
wechselten geometrische Muster und Farben. Sah aus wie von Meister
Klecks aus dem Altersheim.
"I've been losing you" hörte sich an, als ob es nicht oft
genug geprobt worden wäre, während "Time and Again" so
richtig breit wegschmuste. Da kamen zu Feuerzeugflammen und
Kerzengeknister die Gefühle hoch und tanzten sanft und seelig in
Landschafts-Gleichnissen und molligen Adé-Stimmungen. Nur der Ton war
leicht übersteuert. In "Did Anyone Approach You?" zogen die
Gitarren mal richtig kräftig durch - und "Turn The Lights
Down" (Morten Harket im Duett mit Sängerin Annelie) war so
schön, dass man nur noch flehte, es möge niemals aufhören.
Allerdings erwies sich unverhofft ein anderer, ein uralter A-ha-Song
als richtiger Kracher: "Manhattan Skyline". Der wurde auch
nicht unter dem Zwang einer 1:1-CD-Kopie gespielt, sondern mit einem
furiosen Rhythmusritt, einem gnadenlosen Wechsel von Hart zu Herz und
umgekehrt. Da zeigten dann auch mal Magne Furuholmen und Paul
Waaktaar-Savoy, die beiden anderen A-haler, dass sie zwar wie Popper
wirken, aber durchaus Rocker sein können.
Was gab's noch? Natürlich "Stay On These Road", "Take
On Me" (der erste Hit) und "Hunting High and Low" ohne
Entengeflatter. Morton kletterte auf einen Boxenturm vor der Bühne
und ließ den Saal singen. Dann ging der Frontmann für zwei Nummern
hinter die Bühne - und darauf machte es sich Langeweile schön
gemütlich. Bis Morton wiederkam.
Nach knapp 100 Minuten war A-ha mit seinem Programm restlos am Ende.
"Touchy" … und tschüss. Da rocken Bob Dylan oder die
Rolling Stones aber dann doch wohl in einer ganz anderen Liga.
Dank an Oliver
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