Zweiter Frühling (Kölner Stadt-Anzeiger vom 20.04.2002)

Getrennt aufnehmen, vereint kassieren: Die neue A-ha-CD "Lifelines"

"Wir waren selbst sehr skeptisch", erzählt Gitarrist Paul Waaktaar-Savoy über das furiose Comeback des Trios im Jahr 2000. "Eine Reunion läuft doch oft nach dem Prinzip 'lass uns noch schnell ein paar Dollar machen. Aber es wäre schade gewesen wenn wir A-ha wie ein Auto nach einem Unfall einfach verschrottet hätten", erklärt Paul. "Also hieß es, Scherben zusammenfegen und noch mal neu anfangen".

Dabei hatten sich A-ha Mitte der 90er Jahre nicht im Streit getrennt. Nach vielen erfolgreichen Jahren standen die Musikfans nicht mehr auf die melancholisch angehauchten Popsongs des Trios, gesteht Sänger Morten Harket (42): "Wir mussten eine Pause machen und vor dem ganzen Musikbusiness flüchten. Ob für den Rest des Lebens oder nur für zwei Jahre, das wussten wir selber nicht. Aber unsere Musik war Anfang der 90er einfach nicht mehr angesagt". Harket veröffentlichte drei Soloplatten, Waaktaar siedelte mit deiner amerikanischen Ehefrau nach Manhattan um und machte mit seiner neuen Band Savoy Musik, während sich Keyboarder Magen Furuholmen vor allem der bildenden Kunst widmete. Um seine jüngsten Arbeiten zu sehen, braucht man allerdings verdammt viel Kohle und muss sich auf dem Kreutzfahrtschiff "World of Resident Sea" einbuchen, einer Art schwimmenden Appartement-Siedlung für Senioren. Der 39-jährige hat dort neben Keramikskulpturen und Glasmalereien eine Kapelle künstlerisch gestaltet. Über seine beiden Karrieren sagt Furuholmen: "A-ha ist nur mein Hobby. Wenn ich nicht meine Kunst verkaufen würde, wäre ich pleite".

Uns kommen gleich die Tränen. Denn auch das neue Album "Lifelines" dürfte sich nahtlos an den Erfolg der Comeback-CD "Minor Earth Major Sky" anschließen und Millionen verkaufen. "Wir sind mittlerweile mehr ein Projekt als eine richtige Band", behauptet Magne. "Jeder muss sehen, dass seine Songideen am Ende auch auf dem Album landen". Auch der etwas schüchtern wirkende Morten trat selbstbewusster auf. "Als ich mit Paul und Magen wieder zusammenkam, war mir klar, dass ich mich mehr einbringen wollte", so die Forderung des Sängers. Und so wurden die Songs des Albums schön gerecht aufgeteilt, jeder ein Drittel zum Album beigetragen. Wenn auch nicht gerade in Teamarbeit. Die drei bastelten in verschiedenen Studios und in verschiedenen Ländern an ihren jeweiligen Tracks. Zwischendurch wurden mal Soundfiles hin- und hergebeamt, das war's. Dafür ist das Album aber überraschend harmonisch geworden, obwohl noch mehrere Produzenten wie Stephen Hague, Ian Caple oder Tore Johannson ihre Finger im Spiel hatten. Typische A-ha-Sounds wechseln sich mit annähernd clubtauglichen Dance-Tracks ("Did Anyone Approach You"). "Als ich diesen Song geschrieben habe, dachte ich, hey, "Morten könnte doch mal versuchen zu rappen"", erzählt Paul. "Er zögerte erst ein bisschen, war dann aber doch angetan". Obwohl sich A-ha mit dem letzten Album verkaufsmäßig wieder in die Champions League katapultiert haben, bleibt der größte Musikmarkt für sie noch geschlossen, was Paul natürlich besonders stört. Denn in den USA wird "Lifelines" vorerst nicht veröffentlich: "Das frustriert mich. Aber ich muss zugeben, wenn ich in New York bin und unsere Musik mit amerikanischen Ohren höre, dann verstehe ich, warum die Alben nicht in den USA veröffentlicht wird. Wir müssen viel rauer klingen, um dort wieder Fuß zu fassen", gesteht der Wahl-New-Yorker. Außerdem müssten A-ha endlich wieder in den USA auf Tour gehen.

Zunächst steht aber eine große Europatournee an. Der Startschuß fällt am 8.Juni in Oslo, im Nationalstadion Ullevaal. "Das hat bei uns in Norwegen dieselbe Bedeutung wie das Macarana-Stadion in Brasilien, auch wenn es viel kleiner ist", freut sich Sänger Morten auf diesen Auftritt. "Als Junge träumst Du davon, einmal in diesem Stadion spielen zu dürfen. Dann hast Du es geschafft. Da wir nicht gut genug im Fußball waren, mussten wir es durch unsere Musik erreichen. Das ist ja auch cool".

History

Anfang der 80er Jahre: Unter dem Namen "Bridges" veröffentlichen Paul Waaktaar und Magne Furuholmen ein Album. Allerdings mit wenig Erfolg. 1983 Umzug nach London, zusammen mit dem neuen Sänger Morten Harket.

Die Debütsingle "Take On Me" wird 1985 ein weltweiter Riesenhit. Vor allem auch durch das für damalige Verhältnisse spektakuläre Video. Das Debütalbum "Hunting High And Low" erscheint.

1986 Veröffentlichung des zweiten Album "Scoundrel Days". Zusammen mit John Barry nehmen A-ha den Titeltrack des James Bond-Films "The Living Daylights" auf - der einzige Lichtblick des ersten 007-Abenteuers von Timothy Dalton. 1988 erscheint das dritte Album "Stay On These Roads"

1993 Veröffentlichung des Albums "Memorial Beach" - der erste kommerzielle Flop in der Karriere der Band. Kurze Zeit später der Entschluss, eine Pause einzulegen, die dann sieben Jahre dauert.

11.Dezember 1998. Anlässlich der Nobelpreis-Verleihung in Oslo treten die drei zum erstenmal wieder gemeinsam auf.

Im Mai 2000 Comeback mit dem Album "Minor Earth Major Sky". Ausverkaufte Tourneen in Deutschland und Japan.

Das neue Album "Lifelines" erscheint am 29.4. bei WEA, bereits veröffentlicht ist die Single-Auskopplung "Forever Not Yours". Konzert: Kölnarena, 23.September.

Vielen Dank an Mechthild

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