A-ha! - Ihr seid wieder da (Focus Ausgabe 22/2000)

Nach sieben Jahren Auszeit sind die Norweger wieder zurück - mit dem Ziel, endlich künstlerisch ernst genommen zu werden.

Mit ihrem neuen Album bemühen sich A-ha um künstlerische Anerkennung.

* Der Anfang

Pål Waktaar, 38, Magne Furuholmen, 37, und Morten Harket, 40, aus Norwegen gründeten 1982 die Band A-ha.

* Die Karriere

Durchbruch mit Songs wie "Take On Me", "Hunting High And Low". Vor allem Morten Harket wurde zum Teenie-Idol. Das Trio verkaufte rund 20 Mio. Alben.

* Das Comeback

Nach der Trennung 1993 sind A-ha mit dem Album "Minor Earth Major Sky" jetzt wieder da - und in den Charts ganz oben.

Focus: Sieben Jahre nach der Trennung haben A-ha wieder ein gemeinsames Album veröffentlicht. Die Melancholie der früheren Produktionen ist geblieben. Warum können Ihre Songs denn nie ein bisschen Optimismus versprühen?

Morten Harket: Keine Ahnung! Ich vermute, das liegt an unserer Mentalität. Wir sind alle drei äußerst nachdenkliche, verträumte Menschen. Selbst wenn wir festen Willens sind, eine fröhliche Nummer einzuspielen, klingt sie letztendlich doch immer etwas traurig. Das ist einfach unser Stil. Vielleicht geben unsere Songs dem Publikum keine Antworten auf die Sinnfragen des Lebens, dafür aber - zumindest hoffen wir das - ein Gefühl der Geborgenheit. Denn im Leben geschieht vieles, was unerklärlich bleibt. Als Ausgleich zu so viel Unwägbarkeiten komponieren wir Musik. So haben wir das immer gehalten.

Focus: Wie haben die Bandmitglieder die langjährige Pause ausgefüllt?

Harket: Gitarrist Pål gründete zusammen mit seiner Frau Lauren die Band Savoy und nahm mit ihr drei Alben auf. Keyboarder Magne hat die Malerei für sich entdeckt und seine Bilder in Galerien auf der ganzen Welt ausgestellt. Und ich ließ mich nach "Wild Seed", meiner Solo-Platte von 1995, einfach mal so treiben. Ich war viel auf Reisen. Das ist der Vorteil, wenn man genügend Geld hat und sich so etwas leisten kann.

Focus: Wo haben Sie Ihr ganzes Geld denn ausgegeben?

Auf neue Live-Konzerte mit Pål (l.) und Morten warten die Fans. Wann A-ha wieder touren, ist aber noch unklar.Harket: Ich war vor allem in Südamerika und in Asien unterwegs und immer auf der Suche. Im Lauf der Zeit habe ich entdeckt, was mir fehlte - meine Identität. Inzwischen bin ich gelassen, konsequent und selbstbewusst. Mir gelang es, den ganzen Mist dieser Ära als Teenie-Superstar abzuschütteln. Als wir Mitte der 80er-Jahre unsere Karriere starteten, waren wir allesamt unglaublich naiv. Der Erfolg hat uns überrollt: Millionenverkäufe, überfüllte Terminkalender und der Verlust jeglichen Privatlebens. Unsere Plattenfirma nutzte die Gunst der Stunde und inszenierte uns als Boygroup, weil unsere Klientel weitgehend aus Teenagern bestand. Wir selbst wären darüber beinahe kaputtgegangen.

Focus: Welche Zielgruppe wollen Sie mit Ihrer neuen CD ansprechen?

Harket: So marktorientiert denken wir gar nicht. Die Musik von A-ha soll Menschen ansprechen, die an die Kraft der Träume glauben, so wie wir das auch tun. Aber mit meiner Rolle als Mädchenschwarm ist nun endgültig Schluss. Inzwischen bin ich 40, verheiratet und habe drei Kinder. Von so einem Mann träumen keine 15-jährigen Mädchen. Darüber bin ich verdammt froh.

Focus: Warum war es so fatal, als Teenie-Idol vermarktet zu werden?

Harket: Die ganzen Umstände waren schrecklich! Ständig wurden wir von der Klatschpresse belauert, die irgendwelchen Müll über unser Leben erfand, der rein gar nichts mit der Realität zu tun hatte. Doch wenn man in der Branche überleben möchte, hat man keine Wahl: Man muss sich an die Spielregeln des Geschäfts halten. Und dann die Enttäuschung, als uns die Produzenten bei den ersten Alben aus dem Studio warfen, bevor sie unsere eigenen Songs fertig abmischten! Was für eine bodenlose Unverschämtheit! Wir haben unsere Lieder auf der Platte kaum wiedererkannt, so glatt und platt klangen sie nach der Bearbeitung im Studio. Ich weiß immer noch nicht, warum wir uns das alles haben bieten lassen. Ich weiß nur, dass es nie wieder vorkommen wird. Es war ein langer, schrecklicher Albtraum. Gott sei Dank bin ich endlich aufgewacht.

Teenie-Idole: Sie waren die Backstreet Boys der 80er Jahre: Poster von Pål, Magne und Morten (v.l.) hingen in vielen Mädchenzimmern.Focus: Und trotzdem haben Sie einen neuen Anlauf gewagt ...

Magne Furuholmen: Ich erinnere mich, dass wir zu Beginn der 90er Jahre ziemlich frustriert waren von unserem Image, weil wir uns schrecklich verkannt fühlten. Dafür, dass wir ganz nett aussahen, konnten wir schließlich nichts. Doch unsere Musik, daran glaubten wir, war mehr als Geträllere für Schulmädchen. Dafür war sie zu melancholisch. Doch weil uns die Öffentlichkeit missverstand, entschieden wir uns für die Trennung. Und nur weil wir wirklich gute Freunde sind, haben wir wieder zusammengefunden.

Focus: Haben Sie das Trauma des verkannten Künstlers inzwischen verarbeiten können?

Furuholmen: Wir wurden ja nicht überall so reduziert wahrgenommen. In Amerika etwa wurden wir als Band so eingeschätzt, wie wir uns selbst verstanden wissen wollten: Nämlich als eine Alternative-Rock-Combo. Und so hat uns Amerika auch geliebt.

Focus: Auffällig an Ihrer Comeback-CD sind etliche eingestreute Dance-Beats. Hatten Sie eine Runderneuerung nötig?

Pål Waaktaar: Für die neuen Elemente ist unser deutscher Produzent verantwortlich, mit dem wir im Studio waren. Ohne ihn und seine Denkanstöße hätten wir wahrscheinlich wieder eine Sammlung reiner Balladen aufgenommen. Das aber wäre für die meisten heutigen Hörer ein Martyrium gewesen. Eine zügige Rhythmuslinie eignet sich vorzüglich, um in unsere Musik etwas mehr Schwung hineinzubringen.

Focus: Warum handeln Ihre Texte so oft von enttäuschter Liebe und unerwiderten Gefühlen?

Furuholmen: Wir selbst haben diese Gefühle gar nicht mal so oft erlebt. Trotzdem gelingt es uns sehr gut, uns in den Liebeskummer anderer hineinzuversetzen. Vielleicht liegt das daran, dass wir aus Norwegen stammen - ein Land, in dem Melancholie vorherrschend ist.

Focus: Welches Ziel haben sich A-ha mit dem neuen Album gesteckt?

Waaktaar: Das, was jede normale Band anstrebt: Wir hoffen, möglichst viele Leute mit unserer Musik zu erreichen und zu begeistern. Und wir sind davon überzeugt, mit "Minor Earth Major Sky" das stärkste Album unserer Karriere eingespielt zu haben. So ist es nur recht und billig, wenn wir dafür alle Resonanz bekommen, die wir verdienen. Es ist höchste Zeit, dass wir als ernsthafte Künstler anerkannt werden.

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